Vorwort: Der folgende Artikel entstand mit freundlicher Genehmigung von Keith Smith von http://allincolorforaquarter.blogspot.co.at/
Kennt ihr Gremlin? Nein nicht die:
Das sind ja die Gremlins, ich meine die hier:
Sicher werden einige sagen, das sind doch die, ja die, hm…? Weiß nicht mehr genau, aber kennen tu ich sie! Tatsächlich kennen die etwas jüngeren Arcade Begeisterten meisten gar nicht Gremlin selber, sondern Gremlin/Sega. Sie wurden nämlich von Sega im Jahre 1979 übernommen, und seitdem schmückt das Gremlin/Sega Logo einige bekannte Games, wie z.b Astro Blaster, Moon Cresta usw. Eigentlich schade, war Gremlin doch eine innovative Spieleschmiede, die leider viel zu schnell von der Bildfläche verschwand. Aber laßt uns von vorne beginnen:
H. Frank Fogleman kam eigentlich über Umwege in die Video Spiel Branche. Der Gründer von Gremlin brach in den 50iger Jahren sein Ingenieurstudium ab, um im Korea Krieg zu dienen. Nach dem Krieg kam er in die USA zurück, beendete dort sein Studium und arbeitete bei diversen Elektronik Firmen. Im Jahre 1959 gründete er Aeromarine, heute würde man dazu Startup oder Garagenfirma sagen, und produzierte dort temperaturgesteuerte Geräte für Raketen, Lenkwaffen und auch Raumschiffe. Bald war die Firma soweit gewachsen, um sich eine größere Bleibe und ein paar Angestellte zu suchen. In den 1960igern erweiterte er seine Produktpalette um elektronische Schalt- und Marinenavigations Geräte.
Ende der 1960iger Jahre kam die Firma in finanzielle Schwierigkeiten, als sie ein tragbares Telefon in einem Koffer entwickelte.
Bewaffnete Einbrecher überfielen seine Firma und stahlen die beiden bis dahin gefertigten Prototypen. Zum Glück für Fogleman hatten die Einbrecher mehr Mut als Verstand, denn als sie die Telefone ausprobieren wollten, wurden sie von den Behörden geschnappt. Trotz dieses glücklichen Umstandes stand kein guter Stern über Aeromarine Electronics, denn kurz nach diesem Vorfall entschied die Auftragsfirma, solche Telefone einfach selber zu produzieren. Fogleman konnte sich aber eine gerichtliche Verfügung nicht leisten, und so suchte er in Palo Alto eine neue Produktionsfirma.
Währenddessen kam ihm die brillante Idee, daß er sein tragbares Telefon doch in Leihwagen einbauen könnte, und er kontaktierte die Autovermietung Hertz. Hertz war daran interessiert und wollte die Produktionsmengen wissen, bevor sie sich auf den Handel einließen.
Als sie aber sahen, daß in der Produktionsfirma noch keine Fertigungslinien für die Telefone eingerichtet waren, taten sie so als ob sie von dem Ganzen noch nie was gehört hätten, produzierten wenig später selbst „mobile“ Telefone und bauten diese in ihre Leihwagen ein. „Business is war“ sollte Jack Tramiel ein wenig später mal gesagt haben 😉
Genug ist genug, dachte sich Fogleman und entschloß sich eine Firma zu gründen, die auch die Produktion selbst beinhaltete. Im Jahr 1970 war es dann soweit, und er eröffnete mit anderen Geschäftspartnern unter anderem Carl Grindle, die Firma Gremlin Industries in Kearny Mesa.
Gremlin Gründer Gerald Hansen, Gene Candelore, und Frank Fogleman (Dritter, Vierter und Fünfter von links)
Der Firmenname entstand durch eine Mißinterpretation der Firmenregistrierungsstelle, die anstatt des zusammengesetzten Namens der Gründer Grindle und Fogleman, also Grindleman, Gremlin am Telefon verstand und auch als solchen registrierte. Ursprünglich produzierte die Firma eine breite Produktpalette an elektronischen Geräten, wie z.b Testgeräte für integrierte Schaltungen, professionelle Timer und Geräte für die Marine. Wie so oft spielte der Zufall eine Rolle, um Gremlin ins „Arcade“ Business zu bringen.
Eines Tages brachte ein Kunde ein münzbetriebenes elektronisches Dart-Gerät zur Reparatur. Das war kein herkömmlicher Dart-Automat wie wir sie heute kennen, sondern ein sogenanntes „Wallgame“. Wallgames könnte man als münzbetriebende Wandautomaten bezeichnen, die in den 1970igern vor allem in Bars und Pizzerien anzutreffen waren. Ähnlich Werbetafeln waren sie ungefähr 1.5 Meter lang, 0.75 Meter breit und 5 cm tief. Man könnte auch sagen es waren vergrößerte, recht einfache Game&Watch bzw Tric und Tronic Spiele mit Fernsteuerung, die man vom Tisch aus spielen konnte.
Wall Games dürften es kaum bis nach Europa geschafft haben, zumindest ist mir nichts darüber bekannt. Irgendwie wäre das aber eine nette Idee für meine Spielhalle. Mit einem Raspberry Pi oder einem Ardunio wäre das auch vernünftig umzusetzen.. Mal schauen 😉 Wer übrigens mehr darüber lesen will, dem empfehle ich die Seite wallgames.com. Es gibt sogar einen Emulator von Trapshoot.
Die Aufgabe fiel Jerry Hansen zu. Er war derjenige, der es zwar erfolgreich reparierten konnte, aber er zeigte sich schockiert ob der schlechten Qualität des Spiels und der Elektronik. Zählte man z.b nach drücken eines Buttons bis 4, konnte man immer ein Bulls Eye erreichen. Er informierte den Kunden über die erfolgreiche Reparatur und teilte ihm auch mit, wie schlecht doch das Spiel konstruiert wäre und daß man es verbessern sollte. Der wiegelte jedoch ab, war doch die Münzbox immer randvoll gefüllt. So sah der Kunde keinen Grund, daß das Spiel verbessert werden müßte. Hansen dachte sich darauf, wenn ein so schlechtes Spiel schon die Kasse klingeln läßt, was könnte man dann mit einem gut designeten Spiel verdienen!
Also entschied Gremlin kurzerhand, in die Produktion von Wallgames einzusteigen. Die erste Wahl fiel auf ein Baseball Spiel, das den Namen Play Ball tragen sollte. Die ersten Spiele wurden noch handverdrahtet hergestellt und die Lampensockel genietet. Der Kabelbaum dafür war aber eher suboptimal herzustellen, weswegen man einen Hersteller suchte, der das ganze auf Leiterplatinen drucken konnte. Aber in Amerika gab es damals keinen Hersteller, der so große PCB’s ätzen konnte. Der Besitzer eines gerade eröffneten lokalen Shop’s meinte jedoch er könne dies bewerkstelligen, in dem er entsprechende große flache Säurebehälter nahm, die kupferbeschichteten PCB’s dort einlegte und mit Eisenchlorid dann das überschüssige Kupfer wegätzte. Das gelang erstaunlich gut, und so konnte das Ganze in Serienproduktion gehen. Einige Zeit später kam der Vertreter einer Fremdfirma in diese Fabrik und schaute sich die PCB’s an, um kurz darauf mit einer Maschine auf den Markt zu kommen, die größere PCB’s herstellen konnte. Es sollte sich später herausstellen, daß die entwickelte Maschine ein voller Erfolg wurde, weil andere Hersteller viele kleine PCBs in einem großen Stück ätzen lassen, dann aus der großen PCB herausschneiden und so viel Geld sparen konnten.
Das Spiel wurde 1973 auf der NAMA erstmals vorgestellt. Die National Automatic Merchandising Association ist eigentlich eine Warenautomaten-Vereinigung, und es war ungewöhnlich, Wallgames dort vorzustellen. Zudem brach der Markt für Wallgames gerade ein. Aber bei Gremlin herrschte die Überzeugung, daß ihr Spiel ein Hit werden würde. Man ging sogar soweit, daß man Aufstellern eine Einkommensgarantie gab. Unterschied sich das Spiel gegenüber dem der Konkurrenz gleich durch mehrere Weiterentwicklungen. Nicht nur, daß es grafisch wesentlich besser aussah wie der Rest, es hatte auch zwei Schwierigkeitsstufen und einen Zufallsgenerator, der für wesentlich mehr Spielspaß sorgte. Bei den Sound Effekten stach ihr Spiel ebenfalls gegenüber der Konkurrenz hervor. So waren sich die Entwickler bei Gremlin sicher, daß sich ihre Spielidee bald auszahlen würde.
Und es zahlte sich tatsächlich aus – das Spiel wurde zum Hit und brachte frischen Wind in die Wallgames Szene. Es verkaufte sich so gut, daß Gremlin sämtliche anderen Projekte einstampfte und nur noch Wallgames produzierte. Aber es gab auch Probleme mit den Wallgames: Sie waren nicht nur aufwendig zu produzieren, sondern es gab auch Laufzeitprobleme (engl. Race Condition), die nur durch noch mehr TTL Chips gelöst werden konnten. Man muß sich vorstellen, daß damals hierfür noch keine Microprozessoren eingesetzt wurden, alles war diskret aufgebaut. Was man also brauchte waren Microprozessoren, und so besuchte man eine Signetics Präsentation und informierte sich dort über die Neuheiten in dem Bereich. Sogleich wurde eine 20 seitige Anforderung für neue Spiele erstellt.
Das dritte Spiel, das Gremlin herausbrachte, war Fooswall und wurde ebenfalls ein voller Erfolg, auch dank des Einsatzes eines Microcontrollers, der die Spiele nochmals wesentlich interessanter gegenüber denen der Konkurrenz machte. Damit etablierte sich Gremlin endgültig als größter Hersteller von Wallgames. Bereits 1975 nahm die Gremlin Corporation mit ihren Wallgames 2 Millionen Dollar ein, was eine Steigerung von 105% gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Am Ende des Jahres zählte die Firma 50 Mitarbeiter. Das Gebäude, das sich über 3 Komplexe erstreckte wurde langsam aber sicher zu klein. Also zog man 1976 nach Kearny Mesa in ein über 5000m² großes Fabrikgebäude, sodaß am Ende des Jahres die Einnahmen auf 5 Millionen Dollar anwachsen sollten.
Nach Playball, folgten noch Spiele wie Trapshoot, Fooswall, All Star (Baseball), Tenpin , Grand Slam und Skeet Shoot.